KRITIS – Kritische Infrastrukturen

Was Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind und was eine Störung oder ein Ausfall für das staatliche Gemeinwesen bedeutet.

Einleitung Kritische Infrastrukturen

Eine vernetzte, hochtechnisierte Gesellschaft, wie sie heute in Deutschland und anderen Industrienationen existiert, ist zwar effizienter denn je, gleichzeitig aber auch extrem angreifbar. Nahezu jeder Bereich unseres täglichen Lebens ist von funktionierenden Infrastrukturen abhängig. Ohne Strom gäbe es keine industrielle Produktion, ohne Transportwesen würden Waren nicht in die Absatzmärkte gelangen. Ohne Treib- und Brennstoff könnten wir weder fahren noch heizen, ohne Trinkwasserversorgung wäre unser privates und öffentliches Leben unvorstellbar und ohne Kommunikations- und Informationstechnik stünde praktisch alles still. Die Abhängigkeiten (Interdependenzen) zwischen den einzelnen Branchen verstärken das Ausfallrisiko weiter, wobei Ausfälle eines Sektors zu Ausfällen in anderen Bereichen führen können (Domino- oder Kaskadeneffekt).

Definition KRITIS

Was bedeutet KRITIS? Unter dem Sammelbegriff „Kritische Infrastruktur“ werden die für das Wohl unserer modernen Gesellschaft essenziellen Funktionseinheiten zusammengefasst. Die offizielle Definition lautet: „Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“

Wer gehört zur KRITIS?

Die KRITIS-Betreiber-Liste ist lang. Insgesamt 9 Sektoren mit 31 Branchen definiert der Bund für Deutschland. Dazu gehören alle Organisationen und Einrichtungen aus den Bereichen Energieversorgung, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung, Finanz- und Versicherungswesen, Staat und Verwaltung sowie Medien und Kultur:

SektorenBranchen
Energie
  • Elektrizität
  • Gas
  • Mineralöl
  • Fernwärme
Gesundheit
  • medizinische Versorgung
  • Arzneimittel und Impfstoffe
  • Labore
Staat und Verwaltung
  • Regierung und Verwaltung
  • Parlament
  • Justizeinrichtungen
  • Notfall-/Rettungswesen einschließlich Katastrophenschutz
Ernährung
  • Ernährungswirtschaft
  • Lebensmittelhandel
Transport und Verkehr
  • Luftfahrt
  • Seeschifffahrt
  • Binnenschifffahrt
  • Schienenverkehr
  • Straßenverkehr
  • Logistik
Finanz- und Versicherungswesen
  • Banken
  • Börsen
  • Versicherungen
  • Finanzdienstleister
Informationstechnik und Telekommunikation
  • Telekommunikation
  • Informationstechnik
Medien und Kultur
  • Rundfunk (Fernsehen und Radio)
  • gedruckte und elektronische Presse
  • Kulturgut
  • symbolträchtige Bauwerke
Wasser
  • öffentliche Wasserversorgung
  • öffentliche Abwasserbeseitigung

(Quelle BBK)

Schauen wir uns die einzelnen Sektoren etwas genauer an:

Energie

Ohne Energie funktioniert unsere moderne Gesellschaft nicht. Brände, technische Störungen, Versorgungsengpässe, Lecks oder gar Sabotage können ganze Städte lahmlegen. Bei Zwischenfällen in den Branchen Elektrizität, Gas, Mineralöl und Fernwärme geht es daher in erster Linie um die Sicherheit und den Schutz der KRITIS sowie den Erhalt von Geschäftsprozessen. Energieversorger tragen eine große Verantwortung für das Allgemeinwohl und müssen auf kleine wie große Vorfälle vorbereitet sein. Den rechtlichen Rahmen hierfür bilden diese Gesetze: Energiesicherungsgesetz (EnSiG), Verordnung zur Sicherung der Elektrizitätsversorgung in einer Versorgungskrise (EltSV), Erdölbevorratungsgesetz (ErdölBevG), Verordnung über die Sicherstellung der Gasversorgung (GasLastV), Energiewirtschaftsgesetz (EnWG).

Ernährung

In Deutschland kümmern sich überwiegend privatwirtschaftliche Unternehmen um die Sicherstellung der Ernährung. Die öffentliche Hand überwacht als Aufsichtsbehörde die Lebensmittelqualität sowie die Lebensmittelversorgung in Krisenfällen. Kommt es während der Produktion, Verarbeitung und dem Handel von Lebensmitteln bzw. Nahrungsmitteln zu unvorhergesehenen Problemen, entstehen oftmals Risiken für Kunden und Unternehmen. Unterbrechung der Kühlkette beim Transport, nicht deklarierte Inhaltsstoffe oder verirrte Plastikteile sind nur einige der Gefahren, die Sicherheitshinweise, Produktwarnungen oder Rückrufaktionen nach sich ziehen können. Genau deshalb spielt der Schutz dieser KRITIS eine große Rolle und erfordert eine optimale Krisenkommunikation.

Finanz- und Versicherungswesen

Finanzdienstleister und Versicherungen bilden die Rahmenbedingungen für unsere gesamte Wirtschaft und sorgen dafür, dass Dienstleistungen wie Bargeld abheben, Zahlungsverkehr, Kredite oder Rentenzahlungen funktionieren. Das hohe Maß an Automatisierung bedeutet eine starke Abhängigkeit insbesondere von der Zuverlässigkeit der Informations- und Kommunikationstechnologien. Denn die sind für die Funktionsfähigkeit dieses Sektors zuständig. Gefährdungen in der KRITIS Finanz- und Versicherungswesen können sich schnell auf alle Teilnehmer des Wirtschaftskreislaufs auswirken. Deshalb sind auch Banken und Versicherungen auf ein professionelles Risiko- und Krisenmanagement angewiesen. Damit sie auf kritische Situationen rechtzeitig reagieren und Störungen schnell beheben können.

Gesundheit

Der Gesundheitssektor mit seinen zahlreichen Akteuren gehört mit zu den verletzlichsten Infrastrukturen. Auch die Abhängigkeit von anderen Branchen der KRITIS wird hier einmal mehr als deutlich: So brauchen z.B. Krankenhäuser Strom für die Medizintechnik, Wasser für die stationäre Versorgung, Telekommunikation zur Vernetzung des Krankenhauspersonals, das Notfall- und Rettungswesen zur Akutversorgung, Transportmöglichkeiten für Patienten und die Verteilung medizinischer Güter, Lebensmittel zur Patientenverpflegung, Finanzsysteme zur Abrechnung von medizinischen Leistungen und vieles mehr. Damit diese Versorgung auch in Krisensituationen gewährleistet werden kann, müssen sich Krankenhäuser auf Extremsituationen einstellen und einen durchdachten Krankenhaus Notfallplan vorweisen.

Informationstechnik und Telekommunikation

Mittlerweile ist ein Leben ohne Informations- und Kommunikationstechnologien unvorstellbar. IT-Systeme sind jedoch aufgrund vieler Schwachstellen und Verwundbarkeiten hochrangig durch z.B. Cyberangriffe, Social Engineering oder Diebstahl gefährdet. Den Betrieb dieser KRITIS kontinuierlich zu sichern, ist daher existenziell. Hierfür wurde der Umsetzungsplan KRITIS (UP-KRITIS) gegründet - eine “öffentlich-private Kooperation zwischen Betreibern Kritischer Infrastrukturen (KRITIS), deren Verbänden und den zuständigen staatlichen Stellen”. Auch cubos, Entwickler der ISO-zertifizierten Alarmierungs- und Kommunikationsplattform GroupAlarm, nimmt seit Juni 2018 daran teil. Außerdem gibt es seit Juli 2015 das Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit Informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz), welches auch GroupAlarm betrifft. Nicht zuletzt deshalb haben bei uns Themen wie Ausfallsicherheit, Verfügbarkeit, DSGVO und vieles mehr Top-Priorität.

Medien und Kultur

Medien und Kultur besitzen für die Meinungsbildung in unserer heutigen Gesellschaft neben ihrem Informationsauftrag auch eine Bildungs- und Kontrollfunktion. Insbesondere in Krisenzeiten sind Rundfunk und Presse wichtige Informationsquellen im Rahmen des Bevölkerungsschutzes. Deshalb sollten diese Medien, neben einem reibungslosen Programm-Management im Normalbetrieb, auch Störungen souverän bewältigen können. Der Schutz und Erhalt von Kulturgütern und Bauwerken – gesetzlich durch das Kulturgutschutzgesetz (KGSG) geregelt – spielt für die Gesellschaft ebenfalls eine übergeordnete Rolle. Außerdem wird ihnen eine hohe psychologische Bedeutung zugesprochen. Gefahren wie Beschädigungen durch Brände, mutwillige Zerstörung und Plünderungen dieser KRITIS sind daher mehr als gute Gründe für die Erstellung eines effektiven Notfallplans.

Staat und Verwaltung

Im Katastrophenfall ist der Staat mit all seinen Institutionen verantwortlich für Menschenleben. Deshalb ist die Handlungsfähigkeit staatlicher Einrichtungen sowohl auf Bundes- als auch auf Landes- und Kommunalebene Voraussetzung für die Stabilität des Gemeinwesens. Um die Innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu garantieren haben unter anderem Gefahrenabwehr, Bevölkerungsschutz und Katastrophenschutz eine zentrale Bedeutung für den Staat. Im Ernstfall müssen Behörden, Spezialkräfte (z.B. Polizei, Feuerwehr oder THW) sowie die Öffentlichkeit transparent, schnell und zuverlässig über aktuelle Lage und notwendige Sicherheitsmaßnahmen informiert werden. Eine intakte Kommunikationsstruktur mit konkreten Maßnahmen für die Krisenbewältigung ist daher unerlässlich.

Transport und Verkehr

Ob mit dem Flugzeug, im Straßenverkehr oder per Schiff: Damit Personen und Güter ihren gewünschten Zielort pünktlich und sicher erreichen, ist ein funktionsfähiges Transport- und Verkehrssystem notwendig. 2019 waren in Deutschland allein im Eisenbahn-Fernverkehr mehr als 150 Millionen Reisende unterwegs. Innerhalb des Güterverkehrs wurden 2018 insgesamt 354430 Millionen Tonnen Güter befördert. Als zentraler Träger für die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen beeinträchtigen selbst kleinste Störungen diese KRITIS. Sei es durch Verzögerungen bei Produktion und Warenauslieferung, fehlende Mobilität im Arbeits- und Freizeitbereich oder Beeinträchtigung des Rettungs-/Gesundheitswesens. Nicht ohne Grund erfordern daher größere Zwischenfälle eine besonders strukturierte Krisenbewältigung.

Wasser

Wasser ist das zentrale Lebensmittel des Menschen. In Deutschland, das zu den wasserreichsten Ländern dieser Erde zählt, betrug der tägliche Verbrauch von Trinkwasser im Jahr 2018 rund 127 Liter pro Kopf. Der Schutz der Wasserversorgung einschließlich der Gewährleistung der Trinkwassersicherheit ist daher unentbehrlich. Anforderungen an die Trinkwasserqualität ist durch die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) geregelt. Allein ein Stromausfall, der den Betrieb von Pumpen und Netzdruckanlagen lahmlegt, oder eine Störung der IT-Systeme, welche die Steuerung von Anlagen behindert, reichen, um die Funktionstüchtigkeit der Wasserversorgung zu beeinträchtigen. Für jeden Fall ist ein ausgereiftes Notfallkonzept erforderlich.

Gefahren und Pflichten für Kritische Infrastrukturen

Wie verwundbar Kritische Infrastrukturen in unserer Gesellschaft sind, haben wir inzwischen geklärt. Ein kurzer Überblick zeigt die unterschiedlichen Gefahren, auf die sich KRITIS-Betreiber vorbereiten müssen:

Natürliche Gefahren, z.B.:Anthropogene (durch Menschen verursachte) Gefahren, z.B.:
  • Stürme, Tornados
  • Hochwasser, Starkregen
  • Dürren
  • Erdbeben
  • Epidemien, Pandemien
  • Unfälle
  • Systemversagen
  • Sabotage, Schadprogramme
  • Terrorismus
  • Krieg

Ziel jedes Krisenmanagements ist es, wirtschaftliche Schäden, rechtliche Konsequenzen, Imageverlust sowie die Gefährdung von Menschenleben und der Umwelt auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Dazu gehört insbesondere auch die Erstellung eines effektiven Schutzkonzeptes zur Alarmierung und Krisenkommunikation.

Zusammenfassung und Ausblick

Privatwirtschaftliche wie öffentlich-rechtliche Kritische Infrastrukturen sind vielen Gefahren ausgesetzt. Ein Ausfall innerhalb eines Sektors kann wiederum andere Sektoren schädigen. Je abhängiger die Sektoren voneinander sind, desto größer ist die Gefahr, dass sich ein solcher Schaden flächendeckend ausbreitet. Zukünftig müssen wir sogar damit rechnen, dass die Gefährdung Kritischer Infrastrukturen aufgrund des „Internet der Dinge (IdD)”, englisch „Internet of Things (IoT)“, das für noch mehr Vernetzung und Abhängigkeiten unseres privaten wie öffentlichen Lebens sorgt, weiter zunimmt. Die Vorbereitung auf den Worst-Case ist daher entscheidend. Mithilfe von durchdachten Schutzkonzepten und Notfallplänen erhöhen die Betreiber der KRITIS ihre Widerstandsfähigkeit gegen die vielfältigen Bedrohungen. Damit gewährleisten sie, dass sie die Bevölkerung auch im Krisenfall zuverlässig mit den zwingend notwendigen Dienstleistungen in gewohnt hoher Qualität versorgen können.

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